Job als Software Engineer gesucht

Nachdem ich mein Informatik-Studium in Fribourg und Montréal erfolgreich abgeschlossen habe, bin ich jetzt auf der Suche nach einem interessanten Job als Java Software Engineer im Grossraum Zürich oder in Graubünden. Am liebsten würde ich in einer Software-Firma arbeiten, die für verschiedene Firmen in verschiedenen Branchen Softwareprojekte realisiert. Dort ist nämlich die Arbeit besonders abwechslungsreich und man lernt viele Bereiche kennen, weshalb ich das gegenüber einem Job in einer Informatikabteilung einer «normalen» Firma bevorzuge.
Da ich bis Ende Juli diverse Dinge wie weitere Sprachaufenthalte geplant habe, würde ich gerne ab August arbeiten. Um sicher früh genug zu sein bin ich im Moment fleissig daran, Stelleninserate zu studieren und mich auf die interessanten Stellen zu bewerben. Wer einen interessanten, spannenden Job zu vergeben hat oder zufällig ein interessantes Stelleninserat sieht, darf sich natürlich sehr gerne bei mir melden 😉

So Spass mir die Stellensuche auch macht – sie stimmt mich irgendwie auch wehmütig, denn sie zeigt mir, dass sich mein Aufenthalt hier in Montréal zu Ende neigt. Zwar freue ich mich, in einer Woche in der Schweiz meine Familie, meine Kollegen und die Berge wiederzusehen, aber irgendwie ist Montréal in den letzten acht Monaten für mich so etwas wie eine zweite Heimat geworden und es ist nicht nur einfach, alles hier zu zurückzulassen. Dazu folgt aber später noch mehr.

Dominik? Dominique? Dominic?

Ich werde mich wohl demnächst hochoffiziell bei meinen Eltern über die Namenswahl beschweren. Nicht dass mir der Name Dominik nicht gefallen würde. Aber er ist im fremdsprachigen Raum äusserst unpraktisch. Kaum je wird mein Vorname richtig geschrieben, sogar buchstabieren hilft häufig nichts.Falsch geschriebener Name auf ISIC-Karte Bereits in Fribourg wurde ich sehr oft in Dominique umgetauft und erhielt zur Abwechslung auch mal Post an eine inexistente «Madame Zindel». Hier in Montréal hat nun eine weitere Schreibvariante meines Namens die Oberhand gewonnen: Dominic.
Sogar auf meiner neuen internationalen Studentenkarte (ISIC: International Student Identity Card) ist der Name falsch geschrieben. Dabei hatte ich doch den Namen in richtiger Schreibweise auf dem Formular angegeben und im Ausweis, den ich zeigen musste, steht er auch richtig. Neue ISIC-Karte Die gute Frau hätte den Namen also nur richtig abschreiben müssen.

Im Gegensatz zur Schweiz erhielt ich hier in Montréal des Öfteren einen Kurznamen verpasst – viele Leute hier nennen mich kurz und bündig einfach Dom. Die Aussprache ist mit kurzem o und bitte nicht mit der Kirche zu verwechseln. Auch fühle ich mich trotz meines Informatikstudiums nicht wirklich als Document Object Model.
Wirklich stören tun mich diese Alternativ-Namen nicht. Am besten gefällt mir ehrlich gesagt eigentlich die Schreibweise mit dem c, also Dominic. Die ist wunderbar international tauglich und im Gegensatz zu Dominique auch eindeutig männlich. Vielleicht sollte ich mal eine Namensänderung beantragen…

Echter Schneesturm bring Stadt zum Erliegen

Am Mittwoch und gestern Samstag hat es in Montréal wieder stark geschneit. Im Gegensatz zu den Vorherigen war das neunte tempête de neige in diesem Winter definitiv kein falscher Sturm:Tempête de neige à Montréal Rund 25-30cm Neuschnee an einem Abend mit Windspitzen von bis zu 100 km/h!
Das Leben kam praktisch zum Erliegen, Busse blieben stecken, 87000 Haushalte waren ohne Strom und damit meistens auch ohne Heizung, der Flughafen wurde geschlossen, zwei Karambolagen forderten Verletzte, Autos schleuderten und kamen von der Strasse ab und die Fussgänger wie ich kämpften mit dem peitschenden Schnee im Gesicht sowie rutschigen und schneebedeckten Wegen. Ich beobachtete gar wie eine Ambulanz auf einer Blaulichtfahrt schleuderte, sich aber zum Glück noch fangen konnte. Cyberpresse titelte kurz und bündig: L’enfer blanc, also die weisse Hölle.
Wie Cyberpresse berichtet, sind zur Zeit auch unzählige Strassen wegen dem Schnee gesperrt und es wird von Fahrten auf diversen Routen abgeraten. Allerdings beruhige sich die Situation langsam wieder – hoffentlich so, dass ich morgen Vormittag wie geplant nach Québec City reisen kann…

Zusammen mit dem Schnee vom Mittwoch liegen nun auf der schonSortir la voiture de la neige vorher dicken Schneedecke etwa 40cm Neuschnee. Nachdem vor einigen Tagen dank dem mehrtägigen Wärmeeinbruch (etwa +2°C) in den Parks auch an den schattigeren Orten die Abfalleimer und Lehnen der Sitzbänke gerade wieder knapp aus dem Schnee herausragten, ist nun von diesen Kübeln und Bänken erneut nichts mehr zu sehen. Auch die Autofahrer müssen sich zuerst körperlich betätigen bevor sie losfahren können (siehe Bild).

Die Schneeräumung verursacht hier in Montréal riesige Kosten und der ungewöhnlich schneereiche Winter bringt gewisse Arrondissements in finanzielle Schwierigkeiten. Pro tempête mit ca. 20cm Schnee rechnet die Stadt mit Kosten von 15-20 Millionen Dollar! Nach dem neuen Schneesturm ist die über 3000köpfige Schneeräumungsequipe mit Tausenden von Fahrzeugen wieder rund um die Uhr im Einsatz. Camion de déneigement à Montréal
Nachdem die Strasse geräumt ist, wird jeweils der gesamte Schnee mit Lastwagen aus der Stadt transportiert um die Parkplätze am Strassenrand weiterhin benutzen zu können. Allerdings sind auch diese Schneedepots langsam voll und die Leute wissen nicht mehr, wohin mit dem Schnee…

Feuer!

Letzte Nacht hat es zum dritten Mal innerhalb eines Jahres in unmittelbarer Nachbarschaft meiner WG an der Avenue Mont-Royal Est in Montréal gebrannt. Dieses Mal hat es das Fruchtgeschäft («fruiterie») auf der anderen Strassenseite, «Passion des Fruits», erwischt.
Meine Mitbewohnerin erwachte etwas nach 1 Uhr morgens, während ich seelenruhig weiterschlief bis ich um 3:30 auf die Toilette musste. Danach wunderte ich mich über den ungewöhnlichen Lärm draussen vor meinem Fenster und schaute mal raus – Camion de pompiers de Montréal die Szenerie war beeindruckend: Nicht weniger als acht (ja, 8!) Feuerwehrautos, drei Polizeiautos und eine Ambulanz standen draussen auf der Strasse! Unzählige Feuerwehrleute des service de sécurité incendie de Montréal SIM sorgten für einige Betriebsamkeit und eine beachtliche Geräuschkulisse, die mich am erneuten Einschlafen hinderte. Der Einsatz war jedoch praktisch abgeschlossen, Feuer sah ich keines mehr und nach etwa einer Stunde zogen die meisten Einsatzkräfte ab und es kehrte wieder Ruhe ein.
Heute Morgen wurden die Schaufensterfront des Ladens mit Brettern geschlossen (die Scheiben waren zerstört), ansonsten sieht man von aussen nicht viel. Verletzte dürfte es keine gegeben haben, als ich in der Nacht aus dem Fenster schaute, kamen die Sanitäter nämlich gerade gemütlich aus der Bar neben dem Brandort…
Mein tiefer Schlaf jedoch hat mich wieder einmal überrascht: dass ich nicht viel früher erwachte grenzt nämlich an ein Wunder. Die Sirenen der Feuerwehrfahrzeuge der Feuerwehr von Montréal sind in der Regel so laut und aggressiv dass es eigentlich unmöglich sein müsste, einfach weiterzuschlafen. Ein Beispiel einer Sirene aufgenommen vor dem Einkaufszentrum Complexe Les Ailes im Zentrum von Montréal gibt es bei YouTube:


Nun hoffe ich einfach dass ich selbst vom Feuer verschont bleibe oder dass ich dann wenigstens auch erwache…

Incendie 1
Blick aus dem Fenster nach rechts.

Incendie 2
Blick aus dem Fenster schräg nach links. Das Geschäft mit den heruntergelassenen Sonnenstoren brannte.

Incendie 1 noir

Incendie 2 noir

Chocolat Villars in Montréal!

Chocolat VillarsVor einiger Zeit war ich mit Alexandre in Montréal unterwegs. Bei der Suche nach Haselnüssen und Mandeln stiess ich bei der «Biscuiterie Confiserie Oscar» an der Rue St-Hubert auf ein sehr interessantes Schaufenster: es zeigte mehrere Produkte von Chocolat Villars!
Da kamen bei mir gezwungenermassen Heimwehgefühle auf… Wie oft hatte ich doch diese Schoggi genossen, wie oft gingen wir für einen Kaffee oder «un grand chocolat chaud» («gcc» für Informatiker – also bitte fleissig C kompilieren) in die Boutique von Chocolat Villars, direkt neben der Uni im Pérolles in Fribourg. Auf der anderen Strassenseite hatte ich im ersten Jahr im zweiten Semester am Dienstag von 12 bis 14 Uhr eine Mathe-Vorlesung, wobei die Konzentration häufig unter dem Schokoladen-Duft litt…
Beim Anblick dieser Schokolade gingen mir viele solche Erinnerungen an Fribourg durch den Kopf und irgendwie wurde mir auch so richtig bewusst, dass jetzt ein Lebensabschnitt, nämlich das Studium in Fribourg, vorüber ist. Dabei kam durchaus etwas Wehmut auf, die Zeit in Fribourg war zwar streng aber schön! Und im April werde ich nach meiner Rückkehr in die Schweiz ganz sicher wieder bei Chocolat Villars vorbeischauen und mich mit Schokolade eindecken – insbesondere nach dem «kalten Entzug» hier in Montréal…

Produits Chocolat Villars à Montréal

Boîtes Cadeaux Chocolat Villars
Die Boîtes Collection von Chocolat Villars gibt es auch in Montréal.

Les larmes de Chocolat Villars
Und auch die Larmes d’Edelweiss und die Larmes de Liqueurs gibt es hier.

Postina: A Publish/Subscribe Middleware Designed for Massively Multiplayer Games

I have just submitted my master thesis! Now, I have completed everything for my Master of Science in Computer Science, that is I have finished my studies!

In my project I developed Postina, a new network layer for Mammoth (an MMOG). Everything about Postina (including sources) is available online at http://postina.zindel.org.

The abstract is:
Postina is a network middleware designed for massively multiplayer online games (MMOG). It combines publish/subscribe functionalities with direct messaging, a feature of critical importance for MMOGs.

In MMOGs, numerous messages such as state updates are sent to different clients. While some messages must be multicast to a large group of clients, other messages are private and sent to a single client only. Using a traditional client-server approach limits the number of simultaneous players, a property that is undesired in MMOGs. A potential solution would be to use publish/subscribe systems which are designed for scalability. Pure publish/subscribe systems, however, do not provide any possibility to send a message directly to a single client as the peers do not have any knowledge of the network topology.

In this thesis we first study different publish/subscribe systems and the features they offer to choose an appropriate middleware providing the required functionalities for MMOGs. Additionally, we design Postina, an API for network layers in MMOGs that offers a convenient interface combining publish/subscribe and direct messaging. We then implement a version of Postina using Scribe, a topic-based publish/subscribe system built on top of the distributed hashtable Pastry. To fulfil the requirements of MMOGs, we add extra features such as reliable direct messaging and the capability of issuing subscriptions for other clients. This version of Postina is then integrated into Mammoth, the massively multiplayer game research framework developed at McGill University. Finally, the efficiency of the new network layer is tested to determine the maximum number of simultaneous players.

Kalt, Warm, Kalt

Petrus kann sich wohl noch nicht entscheiden, ob er nun in Montréal einen verfrühten Frühling oder einen normalen Winter haben will: Die Temperaturschwankungen sind im Moment extrem. Auf kalte Tage mit Tageshöchstwerten von ca -15 bis -20°C folgt plötzlich ein warmer Tag mit Temperaturen über dem Gefrierpunkt. Beispielsweise war es am Montag letzte Woche etwa -20° Grad kalt, zudem wehte ein aggressiver Wind. Danach blieb es bei ungefähr -10°. Am Montag diese Woche dann war es aber ungewöhnliche 6°C warm, die letzten Tage wieder -15°.

Die Kälte macht mir überhaupt nichts aus. Ich ziehe einfach die wärmeren Handschuhe sowie ab ungefähr -15° einen Schal an. Das reicht mir völlig um auch bei gefühlten -28°C den rund 3.7km langen Weg an die Uni zu Fuss zurückzulegen. Dafür bin ich ziemlich genau 40 Minuten unterwegs.
Wegen den warmen Tagen wird der Weg manchmal allerdings mühsam: An den vereinzelten warmen Tagen schmilzt ein Teil des Schnees auf den teilweise sehr schlecht geräumten Trottoirs. Da es zu allem Überfluss noch einen Mangel an Schächten hat, kann das Schmelzwasser nicht wirklich abfliessen. Wenn die Temperaturen am nächsten Tag wieder weit unter den Gefrierpunkt fallen, wird das Trottoir zu einer reinen Eisbahn. Tageshöchstwerte von -10°C und autofixierte Räumungsequipen sorgen dann dafür, dass das auch für längere Zeit so bleibt.

Traumtag im Schnee

Schneeschuhspuren im WaldLetzten Sonntag machte ich einen via McGill Athletics gebuchten und von Détour Nature organisierten Ausflug mit Schneeschuhen in der Region des Lac Monroe, in der Nähe von Mont Tremblant. Der Trip kostete mich zwar etwa 50 Dollar (Carreise, Guide und Schneeschuhmiete), aber ich kann definitiv sagen dass es sich gelohnt hat. Der Tag war einfach absolut traumhaft, einer der schönsten Tage die ich bisher in Québec verbracht habe.

In den zwei Tagen vor dem Ausflug hatte es 25cm Neuschnee gegeben, alles war weiss überzuckert. Zudem war auch das Wetter perfekt: Sonnenschein und blauer Himmel. Insgesamt waren wir etwa 25 Leute die mit den Schneeschuhen loszogen, zudem waren im Car auch noch einige Langläufler.
Aussicht über Lac MonroeAusser uns schien es kaum andere Ausflügler zu haben und auch die 25 Leute verteilten sich rasch. Spuren der Zivilisation hatte es kaum, man sah keine Gebäude oder Strassen. Kurz, wir waren einfach mitten in der Natur! Kein Verkehr, kein Lärm, einfach nur Stille. Das einzige Geräusch war das Knirschen des Schnees unter den Schneeschuhen. Nach all diesem Lärm, Verkehr und gestressten Leuten in der Stadt war diese Pracht der Natur einfach eine Wohltat, das hat mir wirklich sehr gut getan!

AussichtDas Panorama war einfach bezaubernd. Obwohl wir weniger als 200m in die Höhe gingen, hatten wir eine traumhafte Aussicht. Die Gegend ist zwar die gebirgigste Region der Provinz Québec aber für Schweizer Verhältnisse trotzdem sehr flach. Entsprechend weit sieht man sobald man etwas in die Höhe geht.
Die Bilder vom Schneeschuhausflug beim Lac Monroe sind hier online.

Wichtig für unseren Ausflug war warme Kleidung. Lange Unterhosen, Skihosen, Thermounterleibchen, Faserpelzpullover, Winterjacke, Fausthandschuhe mit zusätzlichen Innenhandschuhen (ich trug also zwei Handschuhe), Thermosocken und Winterjacke waren Pflicht: bei unserer Ankunft um 10 Uhr morgens zeigte das Thermometer -28°C an.
Halbgefrorenes BächleinDank der warmen «Verpackung» und der Bewegung hatte ich trotz der tiefen Temperaturen nicht kalt, ja ich konnte gar Kappe durch Stirnband ersetzen, die Innenhandschuhe streichen sowie die Jacke etwas öffnen.
Nur längere Pausen lagen nicht drin, das Mittagessen fiel entsprechend kurz aus. Ein kleines Problem hatte ich jedoch: das Wasser in der Flasche im Rucksack wurde unangenehm kalt – und gefror gar teilweise! So hatte ich bei der Mittagspause kaltes Wasser mit Eis in meiner Flasche

Mit meinem Arthrose-Knie hatte ich übrigens absolut keine Probleme. Obwohl ich etwa 11km auf den Schneeschuhen zurücklegte, spürte ich keine Schmerzen.
Für mich ist klar: wenn irgendwie möglich werde ich nochmals so einen Schneeschuhausflug machen!

Gelbe Première

Gestern Samstag war ich in Vaudreuil an einem «Juvénile AAA«-Turnier im Einsatz. «Juvénile» ist U18, AAA die höchste Kategorie. Obwohl sowohl die Mädchen als auch die Knaben spielten kam ich nur bei den Knaben zum Einsatz. Das Niveau war beachtlich, die Teams wären einer Schweizer 2.-Liga-Mannschaft absolut ebenbürtig gewesen.
Eigentlich wollte ich ursprünglich gar nicht an diesem Turnier pfeifen sondern einfach zur Erholung einen Tag Pause einschalten. Doch da dieses Wochenende sehr viele Turniere stattfanden, fehlte es an Schiedsrichtern. Nach entsprechender Bitte sagte ich deshalb zu, nach Vaudreuil zu gehen.

Der Tag hatte es doppelt in sich: einerseits durch die Länge und andererseits durch die Intensität der Spiele und vor allem eines Coachs. Bereits um viertel vor sieben morgens musste ich aus dem Haus, von 9 bis 19:30 war ich mit zwei einstündigen Pausen im Einsatz. Zu Hause war ich erst wieder um 21 Uhr.

Besonders intensiv war ein Spiel: Die Laune des einen Coaches verschlechterte sich nach dem klaren Sieg im Startsatz deutlich als sein Team im zweiten Satz klar in den Rückstand geriet. Wie so oft suchte der Trainer den Fehler bei allen nur nicht bei sich. Dieser Coach war der Meinung, der gegnerische Spieler habe zwei Mal beim Sprungservice (Ass!) die Grundlinie berührt und schickte deshalb den Captain zu mir. Ich erklärte diesem, ich hätte die Linie sehr genau angeschaut und der Spieler habe sie definitiv nicht berührt. Soweit normal, das kommt öfters vor.
Offenbar riss aber deswegen der (dünne) Geduldsfaden des Trainers definitiv. Der wohlbeleibte Herr fing an zu fluchen und mich zu beschimpfen. Ich rief den Captain zu mir und erklärte, das nächste Mal gebe es die gelbe Karte. Das half nicht besonders, der Coach machte weiter wie zuvor. Also rief ich den Captain nochmals zu mir – dieses Mal aber um ihm mitzuteilen dass der Coach eine Bestrafung, also eine gelbe Karte, erhalten würde. Diese Ankündigung setzte ich natürlich auch in die Tat um – allerdings erneut mit bescheidener Wirkung. Der Trainer wetterte weiter und zauberte allerlei Schimpfwörter (von denen ich leider die Mehrheit nicht ganz verstand, meine Kollegen sind zu höflich…) hervor.
Der zweite Schiri kam dann zu mir und meinte, eigentlich hätte der für diese Wörter die rote Karte verdient. Fand ich grundsätzlich auch, ich wollte ihm aber nochmals eine Chance geben und rief erneut den armen Captain zu mir und erklärte ihm, dass der Coach nun besser schweigen würde wenn er nicht die rote Karte wolle. Danach beruhigte sich der Trainer ein klein wenig, er verwarf zwar immer wieder die Hände und lachte hämisch über jeden Entscheid von mir, aber ich beschloss, ihn einfach zu ignorieren. Sein Team verlor das Spiel übrigens am Ende – wohl wegen ihm.

Nach dem Spiel hatten der zweite Schiedsrichter und ich eine Besprechung mit dem Schiedsrichterchef – das Spiel wird für den Coach noch Folgen haben. Der Schiedsrichterchef war mit meiner Aussage, dass ich doch sehr tolerant gewesen sei und gut Rot hätte geben können, absolut einverstanden. Der Trainer sei bekannt dafür, impulsiv zu sein. So schlimm sei er aber schon seit Jahren nicht mehr gewesen.
Grundsätzlich versuche ich immer, ohne Karten auszukommen. Dieses Mal hat dies leider nicht geklappt – zum ersten Mal in meiner Schiedsrichterkarriere! Normalerweise ist es ein schlechtes Zeichen wenn man nicht ohne Karte auskommt – aber bei diesem Spiel hatte ich wirklich nicht das Gefühl, schlecht gepfiffen zu haben und sah irgendwie keinen Grund warum der Coach auf mich wütend hätte sein sollen. Irgendwie hat mich das etwas irritiert, aber ich habe wohl einfach den falschen Coach im falschen Spiel erwischt…

Solche «giftigen Spiele» habe ich nicht gerne, das entspricht nicht dem was ich unter Sportsgeist verstehe und ich bin froh sind die Volleyballerinnen und Volleyballer im Normalfall deutlich zivilisierter!

Fahnenschwingen

Dieses Wochenende kam ich zu meinem Debüt als «Fahnenschwinger» beziehungsweise Volleyball-Linienrichter. Gleich bei drei Spielen kam ich zum Einsatz, geplant wären allerdings vier gewesen. Zwei am Freitagabend an der Université de Montréal (zuerst die Frauen, dann die Männer) und zwei am Sonntagnachmittag an der McGill University (wieder zuerst die Frauen und anschliessend die Männer). Die Spiele vom Freitag waren zwischen den Teams der Université de Montréal und der Université de Sherbrooke. Am Sonntag duellierten sich die McGill-Teams mit den Teams der Université de Montréal.

Die Begegnungen waren Spiele der ligue universitaire, der höchsten Liga hier in Canada. Entsprechend war das Niveau auch ansprechend. Insbesondere das Damen-Spiel zwischen dem McGill und der Université de Montréal war an Spannung kaum zu überbieten – ebenso auch nicht in der Dauer: Der Fünfsätzer dauerte über 2 ¼ Stunden! Hier gehts zum Matchbericht von den McGill-Spielen am Sonntag und von den Spielen an der Université de Montréal am Freitag.

An allen Spielen hatte es 100-200 Zuschauer, die von einem Speaker immer über das Geschehen informiert wurden. Dieser Speaker stellte auch die Spieler und Offiziellen vor – also auch mich. Der französischsprachige am Freitag hatte ich sich vorgängig bei mir nach der Aussprache meines Nachnamens erkundigt, der am Sonntag wagte es ohne zu fragen. Erstaunlicherweise verstand ich meinen Namen sogar, es war fast richtig. Nur die Betonung war falsch und das Z etwas komisch – insgesamt war die Aussprache einigermasse korrekt, einfach mit starkem englischen Akzent.

Bei den Spielen am McGill wurde das Publikum vor Spielbeginn aufgefordert, aufzustehen um «unsere Nationalhymne» zu singen. Alle schauten dann zu den aufgehängten Flaggen – wobei in der Mitte erstaunlicherweise nicht die kanadische Fahne hing sondern die von Québec (also der Provinz). Die kanadische war links davon, rechts davon die des McGill.

Da beim ersten Spiel der zweite Linienrichter nicht auftauchte und der Grundsatz gilt «einer ist keiner» durfte ich am Freitag beim ersten Spiel nicht aktiv werden sondern musste zuschauen bis dann für das zweite Spiel ein kurzfristig organisierter Linienrichter eintraf. Das zweite Spiel sowie die zwei Spiele am Sonntag gingen dann problemlos über die Bühne. Ich wurde nie vom Schiedsrichter «Ã¼berstimmt» und es gab nie Diskussionen über Entscheide.

Die Arbeit als Linienrichter hat mir in diesen drei Einsätzen gut gefallen und ich werde mich noch zu weiteren Einsätze melden. Zudem hoffe ich, dass die Schweizer dann meine Einsätze hier anerkennen und ich in der Schweiz nicht mehr den Linienrichterkurs mit anschliessender Prüfung machen muss.