Gestern Samstag war ich in Vaudreuil an einem «Juvénile AAA«-Turnier im Einsatz. «Juvénile» ist U18, AAA die höchste Kategorie. Obwohl sowohl die Mädchen als auch die Knaben spielten kam ich nur bei den Knaben zum Einsatz. Das Niveau war beachtlich, die Teams wären einer Schweizer 2.-Liga-Mannschaft absolut ebenbürtig gewesen.
Eigentlich wollte ich ursprünglich gar nicht an diesem Turnier pfeifen sondern einfach zur Erholung einen Tag Pause einschalten. Doch da dieses Wochenende sehr viele Turniere stattfanden, fehlte es an Schiedsrichtern. Nach entsprechender Bitte sagte ich deshalb zu, nach Vaudreuil zu gehen.
Der Tag hatte es doppelt in sich: einerseits durch die Länge und andererseits durch die Intensität der Spiele und vor allem eines Coachs. Bereits um viertel vor sieben morgens musste ich aus dem Haus, von 9 bis 19:30 war ich mit zwei einstündigen Pausen im Einsatz. Zu Hause war ich erst wieder um 21 Uhr.
Besonders intensiv war ein Spiel: Die Laune des einen Coaches verschlechterte sich nach dem klaren Sieg im Startsatz deutlich als sein Team im zweiten Satz klar in den Rückstand geriet. Wie so oft suchte der Trainer den Fehler bei allen nur nicht bei sich. Dieser Coach war der Meinung, der gegnerische Spieler habe zwei Mal beim Sprungservice (Ass!) die Grundlinie berührt und schickte deshalb den Captain zu mir. Ich erklärte diesem, ich hätte die Linie sehr genau angeschaut und der Spieler habe sie definitiv nicht berührt. Soweit normal, das kommt öfters vor.
Offenbar riss aber deswegen der (dünne) Geduldsfaden des Trainers definitiv. Der wohlbeleibte Herr fing an zu fluchen und mich zu beschimpfen. Ich rief den Captain zu mir und erklärte, das nächste Mal gebe es die gelbe Karte. Das half nicht besonders, der Coach machte weiter wie zuvor. Also rief ich den Captain nochmals zu mir – dieses Mal aber um ihm mitzuteilen dass der Coach eine Bestrafung, also eine gelbe Karte, erhalten würde. Diese Ankündigung setzte ich natürlich auch in die Tat um – allerdings erneut mit bescheidener Wirkung. Der Trainer wetterte weiter und zauberte allerlei Schimpfwörter (von denen ich leider die Mehrheit nicht ganz verstand, meine Kollegen sind zu höflich…) hervor.
Der zweite Schiri kam dann zu mir und meinte, eigentlich hätte der für diese Wörter die rote Karte verdient. Fand ich grundsätzlich auch, ich wollte ihm aber nochmals eine Chance geben und rief erneut den armen Captain zu mir und erklärte ihm, dass der Coach nun besser schweigen würde wenn er nicht die rote Karte wolle. Danach beruhigte sich der Trainer ein klein wenig, er verwarf zwar immer wieder die Hände und lachte hämisch über jeden Entscheid von mir, aber ich beschloss, ihn einfach zu ignorieren. Sein Team verlor das Spiel übrigens am Ende – wohl wegen ihm.
Nach dem Spiel hatten der zweite Schiedsrichter und ich eine Besprechung mit dem Schiedsrichterchef – das Spiel wird für den Coach noch Folgen haben. Der Schiedsrichterchef war mit meiner Aussage, dass ich doch sehr tolerant gewesen sei und gut Rot hätte geben können, absolut einverstanden. Der Trainer sei bekannt dafür, impulsiv zu sein. So schlimm sei er aber schon seit Jahren nicht mehr gewesen.
Grundsätzlich versuche ich immer, ohne Karten auszukommen. Dieses Mal hat dies leider nicht geklappt – zum ersten Mal in meiner Schiedsrichterkarriere! Normalerweise ist es ein schlechtes Zeichen wenn man nicht ohne Karte auskommt – aber bei diesem Spiel hatte ich wirklich nicht das Gefühl, schlecht gepfiffen zu haben und sah irgendwie keinen Grund warum der Coach auf mich wütend hätte sein sollen. Irgendwie hat mich das etwas irritiert, aber ich habe wohl einfach den falschen Coach im falschen Spiel erwischt…
Solche «giftigen Spiele» habe ich nicht gerne, das entspricht nicht dem was ich unter Sportsgeist verstehe und ich bin froh sind die Volleyballerinnen und Volleyballer im Normalfall deutlich zivilisierter!